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Mit 78 Jahren im Hörsaal: Lesemuffel macht sich durch Bücher „unsterblich“

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Kalligraph
Hans-Jürgen Willuhn
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Sichtbar gemachte Sprache

Stand: Oktober 2019

Was soll ich anziehen? Diese Frage stellt sich fast jeden Tag. Dabei hat wohl kaum jemand einen so großen Fundus in seinem „Kleiderschrank“ wie ein Wissenschaftler aus Blankenfelde.

Hans-Jürgen Willuhn geht es allerdings um Textilien anderer als gewohnter Art. Er ist Fachmann für die richtige Schrift. „Jeder Inhalt erfordert das passende Kleid zum entsprechenden Auftritt. Schrift ist sichtbar gemachte Sprache. Es geht in jedem Einzelfall darum, aus einer immensen Menge das exakt Passende auszuwählen“, erklärt der Blankenfelder, der auf seinem Spezialgebiet der Typografie und Kalligrafie so gefragt ist, dass er mit 78 Jahren immer noch an Fachhochschulen in Potsdam und Berlin sowie an der Regenbogen Kunst- und Musikschule in Blankenfelde unterrichtet.

Schlechte Schrift?
Willuhn ist einer der heute wenigen Blankenfelder, der tatsächlich von hier ist: „Mein Onkel hatte das Haus, in dem wir heute leben, 1949 gekauft. Als seine Frau plötzlich gestorben ist, wollte er, dass meine Mutter und ich hier mit einziehen. Mein Vater war im Krieg gefallen“, gibt Willuhn Einblick. „Ich wusste schon als kleines Kind, dass ich Grafiker werden wollte“, erinnert er sich. Dass für diese Leidenschaft und insbesondere für die spätere Spezialisierung auf Schriften die entsprechende Eignung vorhanden war, wurde massiv bezweifelt: „In dem Hauptschul-Zeugnis stand, ich müsse mir mehr Mühe beim Schreiben geben.“ Dabei ist er sich sicher, dass das Schriftbild ein „persönlicher Fingerabdruck“ ist!

Studium auf Umwegen
So kam er erst auf Umwegen über eine Buchbinderlehre in Blankenfelde zum begehrten Studienplatz an die Fachschule für Angewandte Kunst in Berlin-Schöneweide und später an der „Hochschule für Grafik und Buchkunst“ in Leipzig. „Das half mir, meine Grenzen zu erkennen. Ich sah, dass mir Schrift und Fotografie liegen, Zeichnen und Malen weniger.“ Nach vorübergehender Anstellung in einem Berliner Ministerium machte er 1980 den in der DDR sehr schweren Schritt in die Selbstständigkeit. Das brachte ihm Unsterblichkeit ein, denn renommierte Verlage beschäftigten ihn gerne mit der Umschlag- und Gesamtgestaltung von Büchern.

100 Bücher
„Ich habe etwa hundert Titel mit unterschiedlichsten Themen grafisch eingekleidet. Es gab darüber hinaus eine gute Zusammenarbeit mit dem katholischen St. Benno Verlag in Leipzig, für den ich unter anderem die Gesamtgestaltung für ein umfangreiches Glaubensbuch erstellte. Im Zuge der Wende habe ich das Signet für die Ost-SPD entworfen“, erstaunt Hans-Jürgen Willuhn. 2012 brachte er gemeinsam mit seiner damaligen Studentin Pauline Altmann das Buch „Tintentanz: Die Ausdruckskraft der eigenen Handschrift entdecken“ heraus, das bis heute als Standardwerk auf diesem Gebiet gilt. Offenbar hat der international renommierte Kalligraf mit einer Gastprofessur an der Deutschen Universität in Kairo eine hohe Anziehungskraft auf Studentinnen. So ist die Österreicherin Astrid Farma gerade dabei, ein Buch über das Leben ihres Dozenten zusammenzustellen!

Goldenes Buch
Gerade hochgeehrte Prominente haben übrigens vielfach „Berührung“ mit Hans-Jürgen Willuhn. Er betreut schon viele Jahre das „Goldene Buch des Landes Brandenburg“ kalligrafisch mit dem jeweils vorgesehenen Text.
Das kleine Doppelhaus in Blankenfelde quillt über vor Büchern. Sogar der Keller ist damit ausgestopft. Das alles zeugt vom Fleiß des Bewohners, denn er nimmt selbst Bücher eher zum Gestalten, aber weniger zum Lesen in die Hand: „Irgendwie hat man es in der Schule in Blankenfelde versäumt, uns als Jugendliche an die Literatur heranzuführen“, meint er. Dafür verfolgt er Fotografieren als seine zweite Leidenschaft ungebrochen weiter. Die Bildbearbeitung erfolgt aber, anders als die Schriften, am Computer!

Erstellt: 2019